Die Logik des Geldes 11FREUNDE

Der Tweet von Giannis Antetokounmpo war so lustig, dass ihn sogar Kylian Mbappé mit einer Salve von Lach-Emojis feierte. Der Basketball-Star der Milwaukee Bucks bewarb sich nämlich in Saudi-Arabien: „Al Hilal ihr könnt mich nehmen. Ich sehe wie Kylian Mbappe aus.“ Nun nagt der NBA-Spieler angesichts eines Vertrages, der ihm 40 Millionen Dollar pro Saison einbringt, nicht gerade am Hungertuch. Aber im Vergleich zu dem, was für Mbappé auf dem Tisch liegen soll, wirkt das schon fast wie prekäre Bezahlung. Denn angeblich bietet der Klub aus Riad bzw. der saudische Staatsfond 700 Millionen Euro, damit Mbappé eine Saison lang dort kickt. Dazu würde eine Ablösesumme von 300 Millionen an Paris St. Germain kommen. Der französische Meister hat sie schon abgenickt, jetzt liegt es an Mbappé.
PSG und Mbappé führen Krieg
Das Eine-Milliarde-Angebot gibt der Saudi-Saga dieses Sommers einen neuen Twist. Bislang folgten die Megatransfers zwischen Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Ruben Neves nämlich lediglich dem Operettenprinzip. Die saudische Liga stellte sich damit in die Reihe jener Ligen, in der Spitzenprofis in der Auslaufrille ihrer Karriere noch mal richtig kassierten. Das war einst in der Schweiz so, wo Günter Netzer und Karl-Heinz Rummenigge ihren Vorruhestand aufstockten, in der North American Soccer League mit den späten Cruyff, Beckenbauer und Pelé sowie vor einigen Jahren in China.
Doch einen 24-Jährigen zu verpflichten, den aktuell wohl besten Spieler der Welt, so etwas gelang keiner dieser Ligen. Das wäre ein Paradigmenwechsel, und es ist gar nicht so unrealistisch, wie man zunächst glauben könnte, dass es zu diesem Transfer tatsächlich kommt. Im Moment gibt es zwischen PSG und Mbappé nämlich offenen Krieg. Der Spieler hat sich geweigert, seinen Vertrag zu verlängern, weil er im nächsten Jahr ablösefrei zu Real Madrid wechseln möchte. Was ihm neben einem Transfer zu seinem Wunschverein auch ein gewaltiges Handgeld eintragen würden. PSG ist darüber aufgebracht, nimmt Mbappé nicht auf die Sommerreise nach Japan und Südkorea mit und droht sogar, ihn in der kommenden Saison auf die Tribüne zu setzen.
Die Obszönität der Bezahlung
Al-Hilal könnte von dieser Situation profitieren, indem sie PSG die gewünschte Ablösesumme bezahlen. Mbappé würde das Jahr bis zum Wechsel in Madrid in Saudi-Arabien spielen, und könnte dabei seinen Status als bestbezahlter Fußballspieler aller Zeiten noch weiter ausbauen. In Paris kommt er mit Grundeinkommen, anteiligem Handgeld und einer sogenannten „Treueprämie“ auf umgerechnet 200 Millionen Euro pro Saison. Am Golf wäre es das dreieinhalbfache, und man darf nicht vergessen, dass die Karriereentscheidungen von Mbappé immer auch sehr stark wirtschaftlich begründet waren. Seinen Vertrag in Paris verlängerte er vor zwei Jahren auch deshalb, weil er sich vom damaligen Angebot von Real Madrid beleidigt fühlte.
Posterboy eines autokratischen Staates
Das alles kann man aus guten Grund widerlich finden, von der Obszönität der Bezahlung bis zum Umstand, dass Mbappé sich zum Posterboy eines autokratischen Staates machen ließe. Doch die Empörung darüber ist inzwischen fast schon ermüdend, weil das alles so folgerichtig ist. Der Fußball und seine Verbände sind nicht mehr in der Lage, einer anderen Logik als der des Geldes zu folgen. Das zeigte sich exemplarisch bei der Vergabe der Weltmeisterschaft nach Katar, und dem Investment von Staaten in Klubs – und nun in Ligen wie gerade in Saudi-Arabien. Es zeigt sich aber auch bei der gerade explosionartige Vermehrung des Mehrfachbesitzes von Vereinen, die kaum reguliert wird.
Dazu passen ganz gut aktuelle Umfragen, dass sich immer weniger junge Menschen für Fußball interessieren. Angeblich hat das vor allem damit zu tun, dass sie als dauernervöse Smartphone-Fummler nicht mehr 90 Minuten Aufmerksamkeit für ein ganzes Fußballspiel aufbringen. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass eine moralisch besonders aufmerksame Generation schlichtweg nichts mehr mit einem Sport zu tun haben will, der nur noch den Wert des Geldes kennt.
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